Gestaltung von Ruhepausen: BAG lässt flexible Bedingungen zu!

Verlangen betriebliche Erfordernisse eine flexible Festlegung der Pausen, ist der in § 4 Satz 1 ArbZG vorgesehenen Anforderung des „im Voraus feststehend“ nach Auffassung einer aktuellen Entscheidung des BAG (Urt. v. 21.08.24, Az 5 AZR 266/23) auch dann genügt, wenn der Arbeitnehmer jedenfalls zu Beginn der Pause weiß, dass und wie lange er nunmehr zum Zwecke der Erholung Pause hat und frei über die Nutzung dieses Zeitraums verfügen kann.

DerKläger hatte hier erfolglos versucht, die Pausenzeiten als Arbeitszeit darzustellen, da er im Pausenraum  immer in "Hab-Acht-Stellung" gewesen sei.

Das BAG führte dazu jedoch aus:

"Die Ruhepause iSv. § 4 ArbZG ist arbeitszeitrechtlich Ruhezeit (...). Art. 2 Nr. 1 der Arbeitszeit-RL definiert den Begriff Arbeitszeit als „jede Zeitspanne, während der ein Arbeitnehmer … arbeitet, dem Arbeitgeber zur Verfügung steht und seine Tätigkeit ausübt oder Aufgaben wahrnimmt“. In Art. 2 Nr. 2 der Richtlinie wird der Begriff Ruhezeit negativ definiert als „jede Zeitspanne außerhalb der Arbeitszeit“. Nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union schließen beide Begriffe einander aus. Für die Zwecke der Anwendung der Arbeitszeit-RL ist eine Zeitspanne entweder als Arbeitszeit oder als Ruhezeit einzustufen, weil die Richtlinie keine Zwischenkategorie vorsieht (...). Unter den Begriff Arbeitszeit iSd. Arbeitszeit-RL fallen solche Zeitspannen, während deren dem Arbeitnehmer Einschränkungen von solcher Art auferlegt werden, dass sie seine Möglichkeit, die Zeit frei zu gestalten und sich seinen eigenen Interessen zu widmen, objektiv gesehen ganz erheblich beeinträchtigen (...). Erreichen die Einschränkungen keinen solchen Intensitätsgrad und erlauben diese es dem Arbeitnehmer, über seine Zeit zu verfügen und sich ohne größere Einschränkungen seinen eigenen Interessen zu widmen, liegt keine Arbeitszeit für die Zwecke der Anwendung der Richtlinie vor (...)."

Im Streitfall hatte der Kläger – außer der subjektiven Befindlichkeit einer „Hab-Acht-Stellung“, in der er sich beim Aufenthalt in der Kantine während der streitgegenständlichen Pausen wegen des dortigen Monitors befunden haben will – nicht einmal ansatzweise Tatsachen vorgetragen, die die Annahme rechtfertigen könnten, er habe seine Pausen zwingend in der Kantine und dort mit Blick auf den Monitor verbringen müssen und ihm seien für die dort verbrachten Pausenzeiten von der Beklagten Einschränkungen von solcher Art auferlegt worden, dass sie seine Möglichkeit, die Zeit frei zu gestalten und sich seinen eigenen Interessen zu widmen, objektiv gesehen ganz erheblich beeinträchtigten. Entsprechende Anweisungen der Beklagten hat der Kläger nicht nur nicht vortragen, vielmehr in der Berufungsverhandlung zu Protokoll erklärt, es habe weder eine Verpflichtung bestanden, sich während der Pause in der Kantine aufzuhalten, noch sei er im Falle einer am Monitor angezeigten Störung verpflichtet gewesen, „dass er von selbst an der Maschine erscheine“. Er hat auch für keinen einzigen Monat des Streitzeitraums eine Pause benannt, die er auf Anordnung eines Vorgesetzten zur Behebung einer Störung an einer Maschine ab- bzw. unterbrechen musste. Die Gesamtwürdigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls (dazu BVerwG 13. Oktober 2022 – 2 C 7.21 – Rn. 21 ff., BVerwGE 176, 382) ergibt damit, dass dem Kläger in den Ruhepausen keine Einschränkungen auferlegt waren, die ihn objektiv hinderten, sich zu entspannen und Tätigkeiten nach eigener Wahl zu widmen.

Das hier entschiedene Verfahren ist mit nicht unerheblicher Relevanz für die Kinder- und Jugendhilfe. Insbesondere Pausenzeiten dürfen nicht dazu genutzt werden, indirekt doch eine Art von "Notfallbereitschaft" einzurichten. Eine Pause ist nun einmal Pause und bleibt es auch. Einzig in Tarifverträgen kann von den starren Pasuenregelungen des Arbeitszeitgesetzes abgewichen werden. In den Tarifverträgen unseres Arbeitgeberverbandes haben wir davon Gebrauch gemacht und können deshalb -immer unter Berücksichtigung des Gesundheitsschutzes- auch Pasuenzeiten während geeigneter Alleindienste ermöglichen. Einrichtungen ohne Tarif können dies nicht. Hier kann zwar ein flexibler Pausenbeginn eingerichtet werden (so das BAG in diesem Urteil), aber eine Aufsichtspflicht darf dann nicht mit der Pause verbunden werden.

 

11.11.24 MdC

 

 

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