Rechtsprechung

Krankheitsbedingte Kündigung

Am 09.08.2024 entschied das Landesarbeitsgericht Köln (Az 10SLa 87/24) in einer erst jetzt veröffentlichten Entscheidung über die Berufung des Klägers gegen die krankheitsbedingte Kündigung seines Arbeitsverhältnisses. Das Gericht wies die Berufung zurück und bestätigte die Entscheidung des Arbeitsgerichts Aachen, das die Kündigung als sozial gerechtfertigt erachtete. Das Urteil kann in STichworten zusammengefasst werden:

  • Hintergrund des Falls: Der Kläger stritt über die Wirksamkeit der krankheitsbedingten Kündigung seines Arbeitsverhältnisses, die auf personenbedingte Gründe gestützt wurde.
  • Argumente des Klägers: Der Kläger argumentierte, dass die Kündigung unwirksam sei, da er vollständig gesund sei und keine negative Prognose für zukünftige Arbeitsunfähigkeitszeiten vorliege.
  • Argumente der Beklagten: Die Beklagte wies die Behauptung der vollständigen Gesundung zurück und führte an, dass die Kündigung auf hinreichenden krankheitsbedingten Gründen basiere.
  • Gesundheitsprognose: Das Gericht stellte fest, dass eine negative Gesundheitsprognose aufgrund der häufigen Kurzzeiterkrankungen des Klägers gegeben war, was eine Kündigung rechtfertige.
  • Betriebliches Eingliederungsmanagement: Der Kläger hatte nicht hinreichend auf die Versuche der Beklagten reagiert, ein betriebliches Eingliederungsmanagement durchzuführen, was ebenfalls zur Wirksamkeit der Kündigung beitrug.

Das durchaus lesenswerte Urteil zeigt, dass eine krankheitsbedingte Kündigung bei erheblichen Fehlzeiten durchaus erfolgreich sein kann. Grundsätzlich ist das nicht neu. Im hier entschiedenen Fall kam zu GUnsten des Arbeitgebers die fehlende Mitwirkung des Arbeitnehmers hinzu.

 

3.07.2025 MdC

Vergütung von Bereitschaftsdiensten

Zu berücksichtigen ist weiterhin, dass für die Berechnung, ob der gesetzliche Mindestlohn eingehalten ist, auf den jeweiligen Kalendermonat abzustellen ist. Der Arbeitgeber hat den Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn erfüllt, wenn die für einen Kalendermonat gezahlte Bruttovergütung den Betrag erreicht, der sich aus der Multiplikation der Anzahl der in diesem Monat tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden mit dem aktuellen Mindestlohn ergibt (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 17.04.2019 – 5 AZR 250/18, Rz. 26; Urteil vom 29.06.2016 – 5 AZR 716/15, Rz. 22)."

Das ist alles nicht neu, aber fasst die Rechtslage noch einmal gut zusammen.

 

2.07.2025 MdC

Zusammenrechnung von zwei Arbeitsverhältnissen? Die Wartezeit im KSchG

Zwei Arbeitsverhältnisse können für die Erfüllung der Wartezeit nach § 1 Abs. 1 KSchG zusammengerechnet werden, wenn sie in einen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang stehen, so das Thüringer LAG v. 4.6.2025 (Az  4 Sa 281/22). Der Arbeitgeber hatte in diesem Verfahren eine Stelle ausgeschrieben, die beiden Bewerberinnen aber zunächst mit einer "Testaufgabe" im Rahmen eines Dienstverhältnisses beschäftigt. Nachdem die weitere Bewerberin die Festanstellung dann -obwohl sie für die Stelle ausgewählt wurde- ausgeschlagen hatte, wurde die klagende Arbeitnehmerin eingestellt, dann jedoch in der Probezeit entlassen. Die Arbeitnehmerin versuchte nun vergeblich, den Beginn der Festanstellung schon auf das Datum zu setzen, mit dem sie die erste Testaufgabe übertragen bekommen hatte.

In diesem (!) Fall entschied das LAG, dass hier kein sachlicher Zusammenhang zu der "Testaufgabe"  bestehen würde und das deshalb sowohl  die Probezeit als auch die Wartezeit für die Anwendung des KSchG erst mit Abschluss des Arbeitsvertrages begonnen hätten.

Man darf deshlab aus dem Urteil nicht schließen, dass man eine Probezeit quasi durch Vorschalten eines "Test-Dienstverhältnisses" verlängern kann. Neben der Frage, ob das vorherige DIenstverhältnis überhaupt ein Dienstverhältnis ist und kein Arbeitsverhältnis wäre bei einem nahtlosen Übergang die Entscheidung möglicherweise anders ausgefallen.

2.07.2025 MdC

Kein Anspruch auf Gehaltsabrechnung in Papierform

Kein Anspruch auf Gehaltsabrechnung in Papierform: BAG sagt „ja“ zu digitaler Abrechnung

 

Das BAG hat in einer Grundsatzentscheidung festgestellt, dass es ausreicht, den Mitarbeitenden ihre Lohnabrechnung in digitaler Form zur Verfügung zu stellen.

Ein Anspruch auf Papierform nach alter Schule besteht nicht.

(BAG Urt. v. 28.01.25, Az. 9 AZR 487/24)

Als Arbeitgeber:in sind Sie verpflichtet, Ihren Mitarbeitenden eine ordnungsgemäße Entgeltabrechnung zur Verfügung zu stellen. Das ist in § 108 Abs. 1 der Gewerbeordnung (GewO) normiert. Das Gesetz spricht davon, die Abrechnung in Textform bereitzustellen.

In der Vergangenheit bedeutete dies, dass einmal im Monat ein verschlossener Umschlag am Arbeitsplatz bereitlag, der die Lohnabrechnung enthielt.

Im Zuge der Digitalisierung gehen viele Arbeitgeber:innen dazu über, die monatliche Abrechnung nur noch digital zu übermitteln, zum Beispiel in einem passwortgeschützten Online-Portal.

Im entschiedenen Fall hatte die Arbeitgeberin, ein großes Einzelhandelsunternehmen, im Jahr 2021 ein passwortgeschütztes Mitarbeiter:innenportal eingeführt und dort die Entgeltabrechnungen eingestellt.

Eine Mitarbeiterin bestand darauf, ihre Entgeltabrechnung weiter in Papierform zu erhalten. Eine Zustimmung zur Bereitstellung in elektronischer Form habe sie nicht erteilt.

Dem erteilte das BAG nun letztinstanzlich eine Absage:

Eine elektronische Abrechnung des Gehaltes genügt den Anforderungen von108 GewO, so die Richter:innen des 9. Senats in Erfurt.

In § 108 Abs. 1, Satz 1 spricht das Gesetz von der Bereitstellung in Textform. Die digitale Version der Lohnabrechnung genüge dem. Allerdings, so die Einschränkung, müssen Arbeitgeber:innen Mitarbeitenden ohne entsprechende Technik den Zugang zum Portal und das Ausdrucken der Entgeltabrechnung im Betrieb ermöglichen.

Hinter dem scheinbar banalen Fall steht die grundsätzliche Frage, ob nicht nur Gehaltsabrechnungen, sondern auch andere Personaldokumente ausschließlich in elektronischer Form zur Verfügung gestellt werden können.

Eben diese Grundsatzfrage hat das BAG nun entschieden und der Digitalisierung damit weiter Vorschub geleistet. Durch elektronische, onlinebasierte Mitarbeiter:innenportale lassen sich Arbeitsabläufe vereinfachen. Eine umständliche Zettelwirtschaft entfällt.

Die Mitarbeitenden haben alle wichtigen Dokumente an einem Ort und können jederzeit darauf zugreifen.

Katrin Diwisch

Eingruppierung als Gruppenleitung in einer Tagesstätte für behinderte Menschen

Erfolgreich konnte sich eine Krankenschwester beim LAG Niedersachsen (Urt. v. 07.03.2025, Az.: 14 SLa 773/24 E)  mit  ihrer Eingruppierung in die Vergütungsgruppe S8b TVöD-B durchsetzen. Der Arbeitgeber hatte die Arbeitnehmerin in die Vergütungsgruppe S7 eingruppiert, die Kollegin (eine Heilerziehungspflegerin) jedoch in die Vergütungsgruppe S8b.

Da es sich hier um eine Einzelfallentscheidung handelt wird das Urteil nicht weiter besprochen.

Bereitschaft oder Rufbereitschaft

Ob ein Bereitschaftsdienst als  Arbeitszeit ("echte" Bereitschaft) oder als Rufbereitschaft (und damit arbeitszeitrechtlich als Ruhezeit)  bewertet wird, hängt von der Gesamtbeurteilung aller Umstände des Einzelfalls ab. . Eine Bewertung als Arbeitszeit bzw. echte Bereitschaftszeit  setzt voraus, dass ein Arbeitnehmender  so großen Einschränkungen unterworfen ist, dass sie seine Möglichkeit, die Zeit, in der während der Bereitschaftszeiten seine beruflichen Leistungen nicht in Anspruch genommen werden, frei zu gestalten und sich seinen eigenen Interessen zu widmen, objektiv gesehen ganz erheblich beeinträchtigen.

Diese Entscheidng des OVG Bremen (Beschluss vom 7.April 2025 , Az: 2 LA 52/24) schließt nahtlos an die bestehende Rechtsprechung an und muss daher nicht weiter besprochen werden.

Ähnlich hatte es bereits das LArbG Niedersachsen mit Urteil v. Urt. v. 06.12.2023 (Az.: 2 Sa 142/23) entschieden; auf Grund der besseren Zusammenfassung wird daher auf das niedersächsische Urteil verwiesen.

 

3.06.2025 MdC

 

Phantomlohn - aktuelle BSG Entscheidung

 

Das Bundessozialgericht hat mit Urteil v. 12.12.2024 (Az B 12 BA 5/22 R) entschieden, dass Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit auch dann sozialversicherungspflichtig sind, wenn sie während urlaubs- oder krankheitsbedingter Abwesenheit der Beschäftigten nicht gezahlt werden. Ein Unternehmen hatte im hier entschiedenen Fall erfolglos gegen die Erhebung von Sozialversicherungsbeiträgen gewehrt, die im Rahmen einer Betriebsprüfung festgesetzt worden waren. Die Entscheidung war allerdings auch vorhersehbar, da sie sich an die bisherige Rechtsprechung nahtlos anschließt. Zwar sind bestimmte Zuschläge (wie z.B. Sonntags-, Feiertags- und Nachtzuschläge) grundsätzlich steuerfrei und damit i.d.R. auch beitragsfrei, aber dies gilt nur, wenn sie für tatsächlich geleistet Arbeit anfallen.  Dies ist im Urlaubs- und Krankheitsfall nicht der Fall. Da der Arbeitgeber in diesen Fällen jedoch trotzdem indirekt die Zuschläge weiterzahlen muss, werden auf die Zuschläge im Krankheits- und Urlaubsfall sowohl Sozialversicherungsbeiträge erhoben als auch Lohnsteuer abgeführt. Wir haben auf diese Konstellation schon in unterschiedlichen Seminaren hingewiesen, daher dürfte es unsere Mitgliedseinrichtungen i.d.R. nicht treffen.

 

3.06.2025 MdC

 

 

 

 

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