Rechtsprechung

Nachtarbeitszuschläge in Tarifverträgen

Das BAG hat in einem aktuellen  Urteil (.22.02.2023 - 10 AZR 397/20) entschieden, dass die tarifvertragliche Unterscheidung von Nachtzuschlägen im Rahmen von Wechselschicht einerseits und für sonstige Nachtarbeit andererseits nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verstößt. Tarifvertragliche Regelungen stellen nach Auffassung des BAG einen angemessenen Ausgleich für die Belastungen durch Nachtarbeit dar und haben Vorrang vor dem gesetzlichen Ausgleichsanspruch nach § 6 Abs. 5 ArbZG. 

Eine Entscheidung, die noch einmal die besondere Stärke der Tarifautonomie und die damit verbundenen Gestaltungsspielräume darstellt.

Zur Abgrenzung von Rufbereitschaft

Das Verwaltungsgericht Düsseldorf hat in einer aktuellen Entscheidung (Urteil v. 24.03.2023, az 26 K 787/21) die Einordnung von sog. "Alarmbereitschaften" als Arbeitszeit bei einem Feuerwehrbediensteten abgelehnt und sich damit -zumindest teilweise- gegen die bisherige REchtsprechung des BVerwG gestellt.

Im Leitsatz führt das VG aus:

"Als Alarmbereitschaft von zu Hause aus geleisteter Hintergrunddienst eines Feuerwehrbeamten stellt nicht automatisch Arbeitszeit (im Sinne der RL 2003/88/EG) dar, auch wenn der Betroffene im Falle einer Alarmierung "sofort" ausrücken muss und die wahrzunehmenden Einsätze durch ihre Unvorhersehbarkeit geprägt sind (abweichend bzgl. des letztgenannten Aspekts BVerwG, Beschluss vom 1. Dezember 2020 - 2 B 38.20 -).2. Es bedarf bei Zugrundelegung der Maßstäbe des Gerichtshofs der Europäischen Union vielmehr einer Gesamtbeurteilung aller Umstände des Einzelfalls (vgl. EuGH, Urteil vom 11. November 2021 - C-214/20 ). Dabei müssen erstens die Konsequenzen beachtet werden, die sich aus der Kürze der auferlegten Reaktionsfrist für die Möglichkeiten des Beamten ergeben, seine Zeit frei zu gestalten; insoweit sind auch die dem Beamten während der Alarmbereitschaft auferlegten Einschränkungen und die ihm gewährten Erleichterungen in die Würdigung einzustellen. Zweitens muss berücksichtigt werden, wie oft der Beamte im Durchschnitt während der Alarmbereitschaftszeiten alarmiert wird (vgl. insbes. EuGH, Urteile vom 9. März 2021 - C-344/19 -, und - C-580/19 -)."

Die ansonsten konsequente Argumentation lässt hoffen, dass dieses Verfahren noch einmal in eine höhere Instanz kommt.

25.04.2023 MdC

Beweiswert einer AU

"Der Beweiswert einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ist dann erschüttert, wenn nach Maßgabe eines verständigen Arbeitgebers belastbare Tatsachen vorhanden sind, die erhebliche Zweifel an der tatsächlichen Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers belegen."

So lautet der Leitsatz einer aktuellen Entscheidung des LAG Mecklenburg-Vorpommern (Urteil v. 8.02.2023, az 3 Sa 135/22).

Das ist nicht neu, da bereits das BAG vor einiger Zeit entsprechend geurteilt hat (siehe hier).

Das LAG kam im vorliegenden konkreten Verfahren allerdings nicht zu dem Ergebnis, dass der Beweiswert der AU trotz einiger Indizien, die der Arbeitgeber hier vorgetragen hatte, erschüttert wurde.

25.04.2023 MdC

Arbeitsvertraglich vereinbarter Freiwilligkeitsvorbehalt

Die Erfahrung, dass auch die Zahlung von Urlaubs- bzw. des Weihnachtsgeld in nicht gleichbleibender Höhe zu einer betrieblichen Übung führen können, machte ein Arbeitgeber in einer aktuellen Entscheidung des BAG (Urteil v. 25.01.2023, Az 10 AZR 109/22).

Im Arbeitsvertrag hatte der Arbeitgeber eine Freiwilligkeitsklausel, nach der "...die Zahlung von Sonderzuwendungen insbesondere von Weihnachts- und/oder Urlaubsgeld  im freien Ermessen des Arbeitgebers liegt und begründet keinen Rechtsanspruch für die Zukunft, auch wenn die Zahlung mehrfach und ohne ausdrücklichen Vorbehalt der Freiwilligkeit erfolgt.“

Auch diese Klausel rettete den Arbeitgeber nicht, da die Klausel der AGB-Kontrolle nicht standhielt.

25.04.23 MdC

FG Sachsen: Keine Steuerfreiheit für Erziehungsstelle

Zu den Voraussetzungen der Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 11 EStG für eine in einem Privathaushalt bestehende, für die Aufnahme von zwei Kindern/Jugendlichen konzeptionierte Erziehungsfachstelle hat jüngst das FG Sachsen mit Urteil vom 13.10.2022 (Az 4 K 931/20) entschieden.

Das FG Sachsen hat im hier vorliegenden Verfahren die Steuerfreiheit für eine (selbständig tätige) Erziehungsstelle gemäß § 34 SGB VIII verneint.

Das FG führte aus, dass steuerfrei gemäß § 3 Nr. 11 EStG Bezüge aus öffentlichen Mitteln sind, die als Beihilfe zu dem Zweck bewilligt werden, die Erziehung unmittelbar zu fördern. Hier sah das FG allerdings keine unmittelbare Förderung, da der Betrag, der in der LEQ Vereinbarung verhandelt worden war, deutlich über den Ersatz der dem Kläger entstandenen Aufwendungen hinausging. Für den Vergütungscharakter der Zahlungen sprach nach Auffassung des FG weiter, dass ein Anteil von 75,5% auf Personalkosten entfalle.

Die Entscheidung reiht sich mittlerweile in eine Serie von Entscheidungen ein, die insbesondere auf den Vergütungscharakter abstellen und die Steuerfreiheit nicht mehr bejahen, sofern damit einer "echten Erwerbstätigkeit" nachgegangen werde.

19.04.2023 MdC

Krankfeiern kann zur außerordentlich fristlosen Kündigung führen

Das Arbeitsgericht Siegburg hat sich in einer aktuellen Entscheidung (5 Ca 1200/22 v. 1.12.2022) mit der außerordentlichen fristlosen Kündigung einer Mitarbeiterin beschäftigen müssen, die sich für 2 Tage arbeitsunfähig krank gemeldet hatte, jedoch in dieser Zeit Teilnehmerin einer ausgelassenen Party war. Als Beweismittel diensten Fotos von der Homepage des Party-Gastgebers und Bilder aus dem WhatsApp-Verlauf der Mitarbeiterin.

Die Kündigung erfolgte hier zu Recht, so das Arbeitsgericht Siegburg.

Das erstinstanzliche Urteil führen wir hier auf, weil es neben Fragen der (vorgetäuschten) Arbeitsunfähigkeit auch viele gute Ausführungen zu den Themen "Verdachtskündigung", Fristen und zu dem Bereich außerordentliche Kündigungen enthält. Da die Entscheidung zudem eine gewissen humoristische Note aufweist, lohnt sich das Lesen der gesamten Entscheidung.

05.04.2023 MdC

Annahmeverzug bei fristloser Kündigung?

Wenn ein Arbeitgeber ein Arbeitsverhältnis fristlos kündigt, weil ihm die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses  nach eigenen Angaben nicht zuzumuten sei, kann sein Angebot zur Weiterbeschäftigung während des Kündigungsschutzverfahrens widersprüchlich sein.

In einem solchen Fall kann vermutet werden,  dass das Beschäftigungsangebot nicht ernst gemeint war und der gekündigte Arbeitnehmer das Weiterbeschäftigungsangebot nicht annehmen musste. Diese Vermutung kann entweder bestätigt werden (z.B. durch die Begründung der Kündigung)  oder auch entkräftet werden (z.B. durch entsprechende Darlegungen des Arbeitgebers).

Das BAG hat mit diesem aktuellen Urteil vom 29.03.2023 (5 AZR 255/22) noch einmal herausgestellt, dass Arbeitgeber im Falle einer außerordentlichen fristlosen Kündigung schon gut argumentieren müssen, um eine Prozessbeschäftigung des gekündigten Arbeitnehmers zur Vermeidung von Annahmeverzugslohn durchzubringen.

Zum Zeitpunkt dieses Beitrages lag der Volltext noch nicht vor. Auf die weiteren Gründe aind wir daher gespannt.

 

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